Neue Studie: Auch gekochte Karotten können allergische Reaktionen auslösen |
Der Verzehr roher Karotten löst bei vielen Menschen Allergien aus. Entgegen einer weit verbreiteten Auffassung können aber auch gekochte Karotten diesen Effekt haben. Dies hat ein Forschungsteam der Universität Bayreuth jetzt herausgefunden. Zwar nimmt das Allergen der Karotte, Dau c 1 genannt, im hocherhitzten Zustand eine für Allergiker ungefährliche Struktur an. Doch sobald die Temperatur sinkt, kehrt es weitgehend in seine natürliche Struktur zurück.
„Die Ergebnisse unserer Untersuchungen sprechen eindeutig dafür,
dass Patienten, die sensibel auf das Allergen der Karotte reagieren,
generell auf den Verzehr von Karotten verzichten sollten. Das Erhitzen
der Karotten zerstört nicht oder nur unvollständig die
Proteinstrukturen, die allergische Reaktionen verursachen können“, sagt
Prof. Dr. Birgitta Wöhrl vom Lehrstuhl Biochemie IV der Universität
Bayreuth.
„Die Gefahr, dass Allergie-Patienten eine allergische
Reaktion entwickeln, ist nicht nur beim Verzehr von frisch gekochten
Karotten oder von Karotten aus der Konservenbüchse gegeben. Sie besteht
auch dann, wenn Nahrungsmitteln Karottenextrakt beigemischt wird“,
ergänzt Thessa Jacob M.Sc., Erstautorin der Studie und Doktorandin am
Lehrstuhl Biochemie IV.
Das natürliche Karottenallergen Dau c 1
ist eigentlich eine Mischung aus mehreren, strukturell sehr ähnlichen
Proteinen. Diese sogenannten Isoallergene wurden im Labor einzeln in
Bakterien hergestellt. Sowohl das Proteingemisch des natürlichen Dau c 1
als auch die einzelnen Isoallergene wurden bei Temperaturen bis maximal
95 Grad Celsius daraufhin untersucht, wie sich ihre Strukturen bei
steigenden und fallenden Temperaturen ändern. Dabei zeigte sich, dass
die natürliche Mischung und fast alle einzelnen Isoallergene nach einer
Abkühlung auf 25 Grad Celsius erneut in der Lage sind, Allergien zu
verursachen. Trotz der vorausgegangenen Erhitzung können die im
Organismus von Allergie-Patienten vorhandenen Antikörper allergische
Reaktionen hervorrufen. Zwar ist diese Fähigkeit in einigen Fällen
schwächer ausgeprägt als vor der Erhitzung, aber grundsätzlich bleibt
sie erhalten.
„Es ist das erste Mal, dass die Dau c
1-Isoallergene einer derart umfangreichen Testreihe unterzogen wurden.
Die separate Untersuchung der strukturähnlichen Moleküle war uns
besonders wichtig, um festzustellen, welche der Isoallergene unter den
getesteten Bedingungen Immunreaktionen auslösen“, sagt Thessa Jacob.
Die
Tests zeigten deutlich, dass die strukturelle Stabilität des
Karottenallergens nicht allein von der Höhe der Temperatur abhängt.
Wichtig ist ebenso der durch den pH-Wert ausgedrückte Säuregrad. Von
besonderem Interesse ist der pH-Wert 3, der sich im Magen typischerweise
nach der Nahrungsaufnahme einstellt. Bei diesem Säuregrad und bei
normaler Raumtemperatur können, wie sich herausgestellt hat, zumindest
einige Epitope trotz des vorherigen Erhitzens weiter existieren. Epitope
sind diejenigen molekularen Teilstrukturen, an denen das Immunsystem
von Allergie-Patienten das jeweilige Allergen erkennt, so dass eine
allergische Reaktion erfolgt.
Bei ihren Strukturuntersuchungen
haben die Forscherinnen vor allem die Magnetresonanzspektroskopie (NMR)
sowie die CD-Spektroskopie auf dem Bayreuther Campus eingesetzt. Bei
weiteren Analyseverfahren erhielten sie Unterstützung vom
Paul-Ehrlich-Institut in Langen und von der Nano Temper Technologies in
München.
Den Artikel finden Sie unter:
https://www.uni-bayreuth.de/de/universitaet/presse/pressemitteilungen/2020/128-karottenallergen/index.html
Quelle: Universität Bayreuth (09/2020)
Publikation: Thessa
Jacob et al.: Food Processing Does Not Abolish the Allergenicity of the
Carrot Allergen Dau c 1: Influence of pH, Temperature, and the Food
Matrix. Molecular Nutrition & Food Research (2020), DOI: https://doi.org/10.1002/mnfr.202000334 |