Durchleuchten im Nanobereich |
Ein Röntgendetektor kann Röntgenstrahlen, die durch einen Körper hindurchlaufen und nicht von ihm absorbiert werden, aufnehmen und somit ein Bild des Gegenstandes entstehen lassen. Auf diese Weise funktionieren beispielsweise die klassischen medizinischen Bildgebungsverfahren, für die diese speziellen elektromagnetischen Wellen vor allem bekannt sind. Physikern der Friedrich-Schiller-Universität Jena ist es jetzt gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen aus Duisburg, Grenoble und Madrid gelungen, einen der kleinsten Röntgendetektoren weltweit mit einer Auflösung von gerade einmal 200 Nanometern zu entwickeln. Üblicherweise bewegt sich die Auflösung solcher Detektoren maximal im Mikrometerbereich. Über ihre Methode berichten sie im aktuellen Forschungsjournal „Nature Communications“.
Detektor aus einem Halbleiter-Nanodraht aus Galliumarsenid
Der
Detektor der Jenaer Physiker besteht aus einem Halbleiter-Nanodraht aus
Galliumarsenid – hergestellt an der Universität Duisburg-Essen –, der
an beiden Enden jeweils unterschiedlich dotiert ist. Das bedeutet, in
einen Teil des Halbleiters sind Zink-Atome, in den anderen Teil
Zinn-Atome eingebracht, die seine elektrischen Eigenschaften
beeinflussen. Zwischen den beiden unterschiedlichen Zonen existiert ein
Grenzbereich – ein sogenannter p-n-Übergang. Die Jenaer Forscher
regten den Halbleiter mit einem im Durchmesser etwa 80 Nanometer großen
Röntgenstrahl an und erzeugten so Ladungsträgerpaare am p-n-Übergang.
Dafür nutzten sie die European Synchrotron Radiation Facility (ESRF) im
französischen Grenoble, einen der weltweit größten
Teilchenbeschleuniger dieser Art. „In dem elektrischen Feld des
p-n-Übergangs werden die Elektronen-Loch-Paare – also die
Ladungsträger, die die Röntgenstrahlung hervorruft –
auseinandergetrieben“, erklärt Maximilian Zapf von der Universität
Jena. „Dank detaillierter Röntgenanalysetechniken konnten wir
beobachten, was in dem Feld mit den Elektronen passiert.“
Lawineneffekt lässt Draht degradieren
Für
die hohe Auflösung des Detektors sorgt die geringe Größe des Drahtes.
„Theoretisch sind – je nach Durchmesser des Drahtes – auch noch höhere
Auflösungen möglich“, sagt Projektleiter Prof. Dr. Carsten Ronning von
der Universität Jena. „Irgendwann allerdings degradiert der Draht.“ Auch
diese Grenzen des Systems sind ein wichtiger Bestandteil des
Forschungsergebnisses. „Durch das elektrische Feld des p-n-Übergangs und
die damit verbundene Beschleunigung der Ladungsträger entstehen
hochenergetische Elektronen – sogenannte hot electrons. Bei zu hoher
Beschleunigung interagieren diese mit dem Ausgangsmaterial des Drahtes,
erzeugen weitere Elektronen und lösen so unter Umständen einen
Lawineneffekt aus. Es entsteht Wärme – und der Draht degradiert.“
Der
Detektor der Jenaer Forscher, dessen Entwicklung das Bundesministerium
für Bildung und Forschung im Rahmen der Verbundforschung sowie die
Deutsche Forschungsgemeinschaft unterstützt haben, zielt nicht darauf
ab, in der Medizin zum Einsatz zu kommen. Dafür wäre er aufgrund seiner
geringen Größe viel zu ineffizient. Vielmehr kann die Methode wertvolle
Informationen bei der Untersuchung von Materialien liefern. „Viele
Bauteile – etwa in Chip-basierten biochemischen Sensoren oder
physikalischen Lichtquellen – werden immer kleiner“, sagt Maximilian
Zapf. „Unser Detektor könnte beispielsweise verwendet werden, um solche
nanoskaligen Elemente zu prüfen und ihr Material zu charakterisieren.“ Â
Den Artikel finden Sie unter:
https://www.uni-jena.de/200918_Ronning_R%C3%B6ntgendetektor
Quelle: Friedrich-Schiller-Universität Jena (09/2020)
Publikation: Zapf,
M. Ritzer, L. Liborius, A. Johannes, M. Hafermann, S. Schönherr, J.
Segura-Ruiz, G. Martinez-Criado, W. Prost, C. Ronning (2020): Hot
electrons in a nanowire hard X-ray detector, Nature Communications, DOI:
10.1038/s41467-020-18384-x, https://www.nature.com/articles/s41467-020-18384-x |