Sie gehören zu den problematischsten landwirtschaftlichen Unkräutern mit erheblichen volkswirtschaftlichen Folgen in der Agrarproduktion weltweit: Palmer Amaranth sowie der Warzenfrüchtige und der Grünährige Fuchsschwanz. Wissenschaftler der Universität Illinois und des Max-Planck-Instituts für Entwicklungsbiologie in Tübingen haben nun die bisher umfassendsten Genominformationen für alle drei Arten dieser Unkräuter veröffentlicht. Sie läuten damit eine neue Ära gezielter und ökologisch nachhaltiger Anwendungen für die Landwirtschaft ein.
"Die von uns nun vorgelegten Erkenntnisse zum Erbgut schädlicher
Unkräuter werden die weitere Forschung in diesem Gebiet deutlich
beschleunigen und intensivieren. Zudem ermöglichen die Daten, ein
besseres Verständnis zu entwickeln, wie Schädlinge eine Resistenz
gegenüber Herbiziden entwickeln können", sagt Pat Tranel, Professor und
stellvertretender Leiter der Abteilung für Nutzpflanzenwissenschaften an
der University of Illinois und Co-Autor der Studie.
Vollständiges Abbild aller Erbinformationen mittels Long-Read-Sequenzierung
Erste
Kartierungen der Erbinformationen von den eng verwandten Arten des
Palmer Amaranth und Grünährigem Fuchsschwanz waren zwar bereits bekannt.
Die in dieser Studie verwendeten Technologien ermöglichen jedoch
deutlich detailliertere Informationen aller Gensequenzen dieser Arten,
eine zentrale Grundlage auch für zukünftige Genomstudien.
Die
Erbinformationen aller drei Unkräuter wurden mit Hilfe der modernen
Long-Read-Sequenzierung kartiert. Vergleichbar mit der Art und Weise,
wie Puzzleteile ein klareres Bild des Ganzen liefern, ermöglicht diese
Technologie eine im Vergleich zu früheren Maßnahmen sehr schnelle
Sequenzierung von Erbinformationen. Auch unerforschte Genombereiche
können nun so zügig identifiziert werden.
Im Falle der Analysen
zu Palmer Amaranth wurde eine weitere Methode, die
Chromatin-Conformation-Capture-Sequenzierung, verwendet, um Teile des
Genoms, die in einem vorhergehenden Arbeitsschritt mit der
Long-Read-Methode bereits zusammengesetzt wurden, weiter zu ordnen.
"Das
Ziel jeder Zusammenstellung von Genominformationen ist es, die
vollständige Anordnung aller Gene im Genom zu klären. Leider waren
komplexe Genomzusammenstellungen bis vor kurzem sehr arbeitsintensiv und
teuer. In den zuvor veröffentlichten Vorschlägen für diese Arten wurde
das Genom in tausende kleiner Teile zerlegt, während die von uns
ermittelten Bausteine auf wenige hundert reduziert werden konnten. Die
überwiegende Mehrheit der vollständigen Erbinformation besteht nun aus
sehr großen Fragmenten", erläutert Jacob Montgomery, Erstautor und
Doktorand von Tranel.
Trio-Binning-Methode zur Einordnung von Erbinformationen aus der Elterngeneration
Um
die Assemblierung der Genome für den Warzenfrüchtigen und den
Grünährigen Fuchsschwanz weiter zu verbessern, verwendete das Team einen
innovativen Ansatz, der als Trio-Binning aus der Rinderzucht bekannt
ist. Diese Technik war bisher so nie vollständig bei Pflanzen eingesetzt
und auch noch nicht an unterschiedlichen Arten angewandt worden.
Bei
der normalen Fortpflanzung tragen männliche und weibliche
Elterngenerationen jeweils eine Kopie jedes Gens zum Erbgut ihrer
Nachkommen bei. Die Nachkommen sind diploid, das heißt, ihre Zellkerne
beinhalten zwei Kopien von jedem Gen ihrer Eltern. In der Studie schuf
das Forscherteam hingegen hybride Nachkommen aus einer Kreuzung. Ihre
Nachkommen sind noch immer diploid, aber die Trio-Binning-Technik
erlaubte es den Forschern, diese beiden Kopien von jeder Elternart zu
trennen und zu isolieren, was zu sog. haploiden Genomen mit nur einem
einfachen Chromosomensatz für jede Art führte.
"Dieser Ansatz
löste ein Problem in der früheren Fuchsschwanz-Genom-Assemblierung. Wenn
sich die Elternallele (die Kopien eines jeden Gens) sehr stark
voneinander unterscheiden, wie es bei der Auskreuzung von Arten wie
Wasserhanf oft der Fall ist, interpretiert das
Genomassemblierungsprogramm sie als unterschiedliche Gene", erklärt
Tranel. "Mit nur einem Allel von jeder Art konnten wir eine erheblich
sauberere Assemblierung ihrer Gensequenzen erzielen", so der Forscher.
Detlef
Weigel, Geschäftsführender Direktor des Max-Planck-Instituts für
Entwicklungsbiologie und Mitautor der Studie, erläutert: "Ich bin ein
großer Fan der neuen Sequenzierungstechniken, doch können sie in der
Praxis nicht immer eindeutig die Erbinformationen den beiden Eltern
zuordnen. Hier kann die Genetik helfen, indem sie Erkenntnisse darüber
erhält, ob Gene von der Mutter oder vom Vater vererbt wurden. So konnten
wir jedes Gen eindeutig einem mütterlichen oder einem väterlichen
Chromosom zuordnen".
Rückverfolgung von Erbinformationen ermöglicht besseres Verständnis über Unkrautresistenzen
Die
Forscher wählten speziell den Warzenfrüchtigen Fuchsschwanz als
männlichen Elternteil in der Kreuzung mit dem Grünährigen Fuchsschwanz,
um so besser die weitergegebenen Erbinformationen aus beiden
Geschlechtern zurückverfolgen zu können. Tranel forscht nun hieran
weiter, um die genetische Basis für Männlichkeit und Weiblichkeit bei
Warzenfrüchtigem Fuchsschwanz und Palmer Amaranth zu erkennen - mit
möglichen Anwendungen wie der Einkreuzung weiblicher Sterilität.
"Die
Genome des männlichen Warzenfrüchtigen Fuchsschwanz und Palmer Amaranth
haben meiner Gruppe bereits rasche Fortschritte bei
Geschlechterbestimmung ermöglicht", sagt Tranel. Zentral bleibt, dass
die Genominformationen aller drei Unkrautarten es nun ermöglichen
könnten, Herausforderungen der Herbizidresistenz zu lösen. Immer mehr
Wissenschaftler entdeckten verschiedentlich auftretende Resistenzen.
"Wir
wollen die biochemischen Resistenzmechanismen der Fuchsschwanzarten
besser verstehen, um den Landwirten neue Lösungen für eine optimale
Kontrolle der wichtigsten Unkräuter anzubieten", sagt Jens Lerchl,
Leiter der frühen biologischen Forschung zu Herbiziden bei der BASF und
Mitautor der Studie. Lerchl koordinierte die Zusammenarbeit von BASF mit
KeyGene/Wageningen in den Niederlanden. "In den Biowissenschaften ist
die Unkrautgenetik wichtig für die Nachhaltigkeit unserer zukünftigen
Landwirtschaft. Unsere Ergebnisse werden hoffentlich Wissenschaftler auf
der ganzen Welt dazu anregen, die Forschung hierzu fortzusetzen und zu
fördern", sagt Antoine Janssen, Genominformatik-Experte bei KeyGene.