Wie man die Verschmutzung des Trinkwassers mit MRT-Kontrastmitteln verhindert |
Gadolinium wird in Kontrastmitteln bei MRT-Untersuchungen verwendet und gelangt über den Urin der Patient*innen ins Abwassersystem. Die Folge: Flusswasser und damit auch aus Flüssen oder Uferfiltrat gewonnenes Trinkwasser sind mit Gadolinium belastet. Thilo Hofmann und Robert Brünjes vom Zentrum für Mikrobiologie und Umweltsystemwissenschaften der Universität Wien haben Vorschläge, wie die Gadolinium-Verschmutzung der Gewässer und des Trinkwassers verhindert werden kann. Die Lösung: Der Urin von MRT-Patient*innen muss zumindest 24 Stunden lang gesammelt werden, dann lässt sich Gadolinium sogar recyclen. Die wissenschaftliche Studie dazu erschien im Journal "Water Research".
In den meisten Ländern wird Trinkwasser aus aufbereitetem Flusswasser
oder Uferfiltrat gewonnen, auch kleinere Teile Wiens werden so versorgt.
Da Gadolinium-Verbindungen aus Kontrastmitteln bei MRT-Untersuchungen
weder technisch noch chemisch in Kläranlagen aufgefangen werden können,
gelangen sie ins Abwasser und damit ins Trinkwasser. Wird das Gadolinium
enthaltene MRT-Kontrastmittel im Trinkwasser nachgewiesen gibt das auch
Hinweise darauf, wie hoch der Anteil an geklärtem Abwasser im
Trinkwasser ist.
Corona-Lockdown als Chance – Messungen zu Gadolinium, die vorher nicht möglich waren
Die
Extremsituation des Corona-Lockdowns hatte signifikante Auswirkungen
auf die Zahl der durchgeführten MRT-Untersuchungen und dadurch auf die
Konzentration von Gadolinium im Abwasser. Durch die Umstellung des
Krankenhausbetriebes auf eine Notfallsituation wurden viele
Routineuntersuchungen nicht mehr durchgeführt und die Anzahl der
MRT-Untersuchungen nahm drastisch ab - und damit verbunden auch der
Gadoliniumeintrag in unsere Gewässer. Die beiden Forscher vom Zentrum
für Mikrobiologie und Umweltsystemwissenschaften untersuchen dies um den
komplexen Zusammenhang zwischen Flusswasser, Abwasser und Trinkwasser
besser zu verstehen.
In ihrer Publikation zeigen sie einerseits,
dass das MRT-Kontrastmittel, das Gadolinium enthält, doch zerfallen
kann, obwohl man bisher davon ausgegangen ist, dass das nicht der Fall
ist. Und andererseits präsentieren sie eine einfache Methode, mit der
verhindert werden kann, dass Gadolinium überhaupt ins Abwasser und
dadurch ins Trinkwasser gelangt – und darüber hinaus sogar
wiederverwendet werden kann.
Mögliche Gefahr für Mensch: wenn sich Gadolinium-Verbindungen durch UV-Licht auflösen
Ob
und wie Gadolinium-Verbindungen zerfallen hängt einerseits von den
physiochemischen Bedingungen ab und andererseits davon, an welche
organische Liganden Gadolinium gebunden ist. In manchen Regionen der
Welt ist es üblich, das Trinkwasser vor Verwendung noch mit UV-Licht zu
bestrahlen, um Keime abzutöten. Was gut gegen Keime wirkt, birgt im Fall
des MRT-Kontrastmittels eine mögliche Gefahr für den Menschen: Die
UV-Behandlung direkt vor dem Konsum, also beim Verbraucher, begünstigt
die Aufsprengung der ansonsten sehr stabilen Gadolinium-Verbindungen.
Dadurch könnte Gadolinium vom Menschen durch das Trinkwasser aufgenommen
werden. Das chemische Element lagert sich im Körper an, die
Auswirkungen auf die Gesundheit sind noch nicht vollständig erfasst.
Ausweg: Gadolinium-Verbindungen abfangen, bevor sie ins Abwasser gelangen
Die
Wasserversorger stehen also vor einem Problem, welches sie weder
verursachten noch alleine lösen können. Sie benötigen Hilfe. "Da es
technisch und chemisch bisher keine Möglichkeiten gibt,
Gadolinium-Verbindungen in Kläranlagen zurück zu halten, muss verhindert
werden, dass diese überhaupt ins Abwasser gelangen", so Thilo Hofmann
vom Zentrum für Mikrobiologie und Umweltsystemwissenschaften der
Universität Wien. Sein Vorschlag: Der Urin von Patient*innen, die ein
Gadolinium-haltiges MRT-Kontrastmittel injiziert bekommen haben, muss
mindestens 24 Stunden lang gesammelt werden. So lange braucht es, bis
das Gadolinium weitgehend vom Menschen wieder ausgeschieden wird. In der
Praxis ist das Sammeln des Urins mit Trockenabsorbern möglich, die auf
einem ähnlichen Prinzip beruhen wie Wegwerfwindeln für Kinder. Aus dem
gesammelten Urin lässt sich außerdem Gadolinium wieder extrahieren und
sogar wiederverwenden. So wird die Gadolinium-Gewinnung, welche durch
aggressives Auslaugen der Seltenen Erden im Bergbau erfolgt, sukzessive
verringert.
Den Artikel finden Sie unter:
https://medienportal.univie.ac.at/presse/aktuelle-pressemeldungen/detailansicht/artikel/wie-man-die-verschmutzung-des-trinkwassers-mit-mrt-kontrastmitteln-verhindert/
Quelle: Universität Wien (06/2020)
Publikation: Anthropogenic gadolinium in freshwater and drinking water systems, R. Brünjes, T. Hofmann Doi: https://doi.org/10.1016/j.watres.2020.115966 |