Einige Schwimmfarne können in kurzer Zeit große Mengen Öl aufnehmen, denn ihre Blätter sind zugleich stark wasserabstoßend und in hohem Maße ölabsorbierend. Eine Forschergruppe des KIT hat gemeinsam mit Kollegen der Universität Bonn herausgefunden, dass die Wasserpflanze die ölbindende Eigenschaft der haarähnlichen Mikrostruktur ihrer Blattoberfläche verdankt. Sie dient nun als Vorbild, um das Material Nanofur weiterzuentwickeln, das Ölverschmutzungen umweltfreundlich beseitigen soll. (DOI: 10.1088/1748-3190/11/5/056003)
Beschädigte Pipelines, Tankerhavarien und Unfälle auf Förderplattformen können Wasserflächen mit Roh- oder Mineralöl verschmutzen. Herkömmliche Verfahren zum Entfernen der Ölpest haben spezifische Nachteile: Das Verbrennen von Öl sowie der Einsatz chemischer Mittel, die seine Zersetzung beschleunigen, belasten ihrerseits die Umwelt. Viele natürliche Materialien zum Aufsaugen des Öls - wie Sägemehl oder Pflanzenfasern - sind wenig effektiv, weil sie zugleich große Mengen Wasser aufsaugen. Auf der Suche nach einer umweltfreundlichen Möglichkeit, Ölteppiche zu entfernen, haben die Forscher verschiedene Schwimmfarn-Arten verglichen. „Dass die Blätter dieser Pflanzen wasserabstoßend sind, war bereits bekannt, wir haben erstmals ihre Eigenschaft Öl zu absorbieren untersucht“, sagt Claudia Zeiger, die die Studie am Institut für Mikrostrukturtechnik des KIT durchgeführt hat.
Die aus tropischen und subtropischen Regionen stammenden Schwimmfarne sind mittlerweile auch in Teilen Europas heimisch. Da sie sich stark vermehren, gelten sie mancherorts als lästiges Unkraut. Sie haben jedoch großes Potenzial als kostengünstige, schnelle und umweltfreundliche Ölabsorber, was eindrucksvoll in einer kurzen Videosequenz unter http://www.kit.edu/kit/pi_2016_115_nanopelz-gegen-die-oelpest.php zu sehen ist. „Die Pflanzen könnten zum Beispiel in Seen eingesetzt werden, um dort unbeabsichtigt eingetretenes Öl zu absorbieren“, so Zeiger. Bereits nach weniger als 30 Sekunden haben die Blätter die maximale Absorption erreicht und können zusammen mit dem aufgenommenen Öl abgeschöpft werden. Die Wasserpflanze mit dem biologischen Namen Salvinia besitzt an der Blattoberfläche Trichome - haarähnliche, zwischen 0,3 und 2,5 Millimeter lange Ausläufer. Beim Vergleich unterschiedlicher Salvinia-Arten zeigte sich, dass nicht etwa die Blätter mit den längsten Haaren besonders viel Öl absorbierten. „Ausschlaggebend für die Öl-Aufnahmefähigkeit ist die Form der Haarenden“, betont Zeiger. Das meiste Öl absorbieren die Blätter der Schwimmfarn-Art Salvinia molesta, deren Haarenden in der Form eines Schneebesens miteinander verbunden sind.
Das neue Wissen über den Zusammenhang der Oberflächenstruktur der Blätter und ihre Öl-Absorptionsfähigkeit nutzen die Forscher nun, um das an ihrem Institut entwickelte Material Nanofur zu verbessern. Dieser Nanopelz aus Kunststoff ahmt den wasserabstoßenden und ölanziehenden Effekt von Salvinia nach, um Öl und Wasser zu trennen. „Wir untersuchen in der Natur vorkommende Nano- und Mikrostrukturen, um sie für technische Entwicklungen zu übernehmen“, sagt Privatdozent Hendrik Hölscher, Leiter der Arbeitsgruppe Biomimetische Oberflächen am Institut für Mikrostrukturtechnik des KIT. Bei gleichem Material seien es häufig Unterschiede innerhalb dieser feinsten Strukturen, die zum Beispiel Pflanzen mit bestimmten Eigenschaften ausstatten.
Als Erstautorin stellt Claudia Zeiger die Untersuchungsergebnisse unter dem Titel „Microstructures of superhydrophobic plant leaves – inspiration for efficient oil spill cleanup materials“ im Fachmagazin Bioinspiration & Biomimetics vor. Die Arbeit entstand in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern des vom Bionik-Pionier Wilhelm Barthlott gegründeten Nees-Instituts für Biodiversität der Pflanzen an der Universität Bonn. Die Forschung wurde gefördert durch ein Promotionsstipendium der Carl-Zeiss-Stiftung, durch das brasilianische Forschungs- und Austauschprogramm Ciências sem Fronteiras sowie durch die Hochtechnologieplattform Karlsruhe Nano-Micro-Facility (KNMF) am KIT.
Quelle: Karlsruher Institut für Technologie (08/2016)
Publikation: Claudia Zeiger, Isabelle C Rodrigues da Silva, Matthias Mail, Maryna N Kavalenka, Wilhelm Barthlott and Hendrik Hölscher: Microstructures of superhydrophobic plant leaves – inspiration for efficient oil spill cleanup materials. Bioinspiration & Biomimetics. DOI: 10.1088/1748-3190/11/5/056003 http://iopscience.iop.org/article/10.1088/1748-3190/11/5/056003
 Ein internationales Forscherteam, geleitet vom Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) in Gatersleben und der australischen Universität Adelaide identifizierte zwei Gene, welche bei der Verteidigung von Gerstenpflanzen gegen Mehltau eine wichtige Rolle spielen und für die Züchtung krankheitsresistenter Gerstensorten hilfreich sein könnten.
Die Forschungsergebnisse zeigen, dass die beiden Gene ? HvGsl6 and HvCslD2 ? mit der Anreicherung von Kallose und Zellulose in der Zellwand in Verbindung stehen. Diese beiden Polysaccharide spielen eine wichtige Rolle bei der Abwehr des Mehltaupilzes. Sie verhindern dessen Eindringen in die Zelle durch die Zellwand.
In zwei wissenschaftlichen Artikeln, die vor dem Druck online in der Fachzeitschrift New Phytologist publiziert wurden, zeigen die Forscher, dass die Blockade der Genfunktion zu erniedrigter Anreicherung von Kallose und Zellulose in den pflanzlichen Zellwänden und zu einer höheren Anfälligkeit der Gerstenpflanzen für Mehltaubefall führt.
„Mehltaubefall stellt beim Anbau von Gerste weltweit ein Problem dar. Gegen die oftmals eingesetzten Fungizide werden zunehmend Resistenzen beobachtet. „Könnten wir Gerstensorten mit einer dauerhaft erhöhten Resistenz gegen Mehltaubefall züchten, würde dies entscheidend dazu beitragen, Erträge zu steigern und eine höhere Qualität des Erntegutes zu erzielen“, betont Dr. Alan Little von der School of Agriculture, Food and Wine an der Universität Adelaide.
Im Verlauf des evolutionären Wettbewerbs zwischen Krankheitserregern und ihrem Wirt haben die Wirtspflanzen eine breite Palette von Abwehrstrategien gegen die Erreger entwickelt. Eine der frühen pflanzlichen Reaktionen bei der Abwehr eines Mehltaubefalls sind die als Papillen bezeichneten Zellwandverdickungen. Sie bilden eine Schutzwand, welche das Eindringen des Pilzes durch die Zellwand verhindert. In der Gerste besteht diese v.a. aus Kallose und Zellulose. Die Gene, welche für die Anreicherung dieser beiden Polysaccharide in die Zellwand im Rahmen der Abwehrreaktion gegen Mehltau verantwortlich sind, wurden allerdings bis zu diesem Zeitpunkt nicht identifiziert.
“Unsere Forschungsergebnisse zeigen“, so Dr. Patrick Schweizer, der Leiter der Arbeitsgruppe Pathogenstress-Genomik des Leibniz-Instituts für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung in Gatersleben, „dass die beiden neuentdeckten Gene HvGsl6 and HvCslD2 interessante Ansatzpunkte für die Verbesserung der Abwehr des Eindringens des Mehltaupilzes in die Pflanzenzellen bieten. Wir können sie nun zur Identifizierung molekularer Marker für die Züchtung von Gerstensorten mit verbesserter Mehltauresistenz nutzen.“
Quelle: Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (08/2016)
Publikation: D., Lueck, S., Hensel, G., Kumlehn, J., Rajaraman, J., Johrde, A., Doblin, M. S., Beahan, C. T., Kopischke, M., Fuchs, R., Lipka, V., Niks, R. E., Bulone, V., Chowdhury, J., Little, A., Burton, R. A., Bacic, A., Fincher, G. B. and Schweizer, P. (2016), The barley (Hordeum vulgare) cellulose synthase-like D2 gene (HvCslD2) mediates penetration resistance to host-adapted and nonhost isolates of the powdery mildew fungus. New Phytol. doi:10.1111/nph.14065 (URL: http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/nph.14065/epdf)
Chowdhury J., Schober M.S., Shirley N.J., Singh R.R., Jacobs A.K., Douchkov D., Schweizer P., Fincher G.B., Burton R.A. and Little A. (2016). Down-regulation of the glucan synthase-like 6 gene (HvGsl6) in barley leads to decreased callose accumulation and increased cell wall penetration by Blumeria graminis f. sp. hordei. New Phytol. doi: 10.1111/nph.14086 (URL: http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/nph.14086/epdf)
Das Phosphat-Ion ist in den auf der Erde gängigen Phosphatmineralien nahezu unlöslich und inaktiv. Wie also ist es in die vermutlich ersten Bausteine des Lebens gelangt, die Ribonucleotide, aus denen die RNA aufgebaut ist? Amerikanische und spanische Forscher haben nun realistische Bedingungen identifiziert, unter denen auf der präbiotischen Erde mineralisch gebundenes Phosphat für die ersten organischen Phosphate mobilisiert worden sein könnte. Welche zentrale Rolle Harnstoff dabei spielt, erörtern die Wissenschaftler ebenfalls in ihrem Artikel in der Zeitschrift Angewandte Chemie.
Die energiereiche Bindung zwischen biologischen Molekülen und Phosphat ist eine der Grundlagen für modernes Leben. Diese Phosphatesterbindung wird durch Sonnenenergie während der Photosynthese gebildet und dann während des Stoffwechels von allen lebenden Organismen kontinuierlich ab- oder wieder aufgebaut. Zudem sichern die Phosphatgruppen die Löslichkeit von RNA- und DNA-Molekülen. Wie aber sind die ersten organischen Phosphatesterbindungen auf der präbiotischen Erde entstanden? Wegen der festen Bindung von Phosphat in den Mineralien hätte es den ersten Nucleobasen, Zuckern und Aminosäuremolekülen in der "Ursuppe" oder, wie Darwin es formulierte, im "kleinen warmen Teich", gar nicht ausreichend zur Verfügung stehen können. César Menor-Salván und Nicholas V. Hud am Georgia Institute of Technology, Atlanta, USA, und Kollegen haben jetzt sorgfältig realistische geochemische Bedingungen identifiziert, unter denen die ersten relevanten Organophosphate entstanden sein könnten.
Dabei interessierten sich die Forscher besonders für die Rolle von Harnstoff. Diese anorganisch-organische Substanz entsteht durch Hydrolyse von Cyanamid und kann auch bei Miller-Urey-Reaktionen, also bei Reaktionen in der Ursuppe, gebildet werden. Experimenten zufolge katalysiert Harnstoff auch die Synthese von Phosphatestern. Menor-Salván und Hud stellten nun eine eutektische Mischung aus Harnstoff, Ameisensäure, Ammoniak und Wasser her, die sowohl das Milieu für eine direkte Phosphorylierung mit verfügbarem Phosphat bilden als auch dabei helfen könnte, unlösliche Phosphatmineralien in löslichere Sekundärmineralien umzuwandeln. Ein weiterer Vorteil, so die Forscher, sei die selbstständige Bildung von Formamid, wenn die Mischung länger moderat erhitzt wird. Formamid halten Experten ebenfalls für einen weiteren Hilfsstoff bei der Entmineralisierung von Phosphatgestein. Ihre eutektische Mischung stelle "eine konsistente Anfangskonzentration von Verbindungen sicher, unabhängig von der ursprünglichen Zusammensetzung", schreiben die Wissenschaftler.
Sie beobachteten eine effiziente Phosphorylierung von ursprünglichen organischen Molekülen, solange lösliches Phosphat zugegen war. Unlösliches Phosphatmineral konnte dagegen durch Zusatz von verschiedenen Ionen und Salzen löslich gemacht werden, und diese Salze wandelten auch unlösliche Mineralien in besser lösliche Sekundärmineralien um. "Den Experimenten zufolge sollte eine Umgebung mit viel Ammoniak, kleinen organischen Bestandteilen wie Harnstoff und Ameisensäure, dazu Magnesiumsulfat und Phosphat ideal dafür geeignet sein, um auf der präbiotischen Erde Organophosphate herzustellen", schreiben die Wissenschaftler und argumentieren weiter, dass sämtliche zugefügten Salze und Ionen auf der präbiotischen Erde reichlich verfügbar gewesen sein müssten. Demnach haben die Wissenschaftler realistische Bedingungen für die Bildung von frühen Organophosphaten identifiziert. Oder frei nach Darwin: Dank Harnstoff konnten sich im "kleinen warmen Teich" die ersten für das Leben relevanten phosphorylierten Moleküle bilden.
Die Attosekundenforschung ist ein spannendes neues Forschungsgebiet der modernen Physik, mit dem Ziel die Bewegung von Elektronen in Atomen, Molekülen und Festkörpern zeitaufgelöst zu vermessen. Elektronendynamik entsteht durch kohärente Anregung verschiedener elektronischer Zustände und kann mit Zeitskalen im Bereich von Attosekunden extrem schnell sein. Chemie hingegen ist das Aufbrechen und die Neuformation von elektronischen Bindungen, bedingt durch die räumliche Umlagerung von atomaren oder molekularen Reaktionspartnern. Solche chemische Dynamik spielt sich auf der langsameren Femtosekundenzeitbasis ab.
Nichtsdestotrotz gibt es spannende Wege, auf denen die zeitaufgelöste Erforschung chemischer Reaktionen stark von den technologischen Entwicklungen in der Attosekundenphysik profitieren kann. Ein solcher Weg wurde in der kürzlich veröffentlichten Arbeit von Drescher et al. beschritten. Attosekundenpulse werden durch Hohe Harmonische Erzeugung generiert, durch die Photonen aus dem infraroten Spektralbereich in einer stark nicht-linearen Wechselwirkung mit Materie in den Frequenzbereich des extremen Ultravioletts (XUV) konvertiert werden. Die kurze zeitliche Dauer solcher Attosekundenpulse bedingt ein breites, kontinuierliches Frequenzspektrum, ideal geeignet für Absorptionsexperimente. Die erreichten Photonenenergien decken den Energiebereich bis zu hunderten von Elektronenvolt ab, mit denen Elektronen in den kernnahen Schalen von Atomen angeregt werden können.
Übergänge von gebundenen Elektronen aus kernnahen Schalen in die Valenzschale bieten einzigartige Einblicke in die Struktur und Dynamik von Molekülen. Aufgrund der starken Lokalisierung der Kernschalen sind diese Übergänge elementspezifisch. Gleichzeitig ist in ihnen aber auch die intramolekulare Umgebung des jeweiligen Atoms kodiert, da das Elektron in eine Vakanz in der Valenzschale gehoben wird, die von den chemischen Bindungen des Atoms im Molekül abhängt (siehe Abb. 1). Wichtig ist nun, dass solche Kern-Valenzschalenübergänge nur sehr kurze Lebensdauern im Bereich weniger Femtosekunden haben. Die Anwendung ultrakurzer XUV-Pulse bietet daher neue Ansätze für zeitaufgelöste chemische Studien: Chemische Dynamik, etwa mit einem ultravioletten (UV) Laserpuls angestoßen, kann aus der Perspektive verschiedener Atome innerhalb eines Moleküls in einem transienten XUV-Absorptionsexperiment untersucht werden. Diese neue Art von chemischen Studien werden im Moment von einigen wenigen Arbeitsgruppen auf der Welt erprobt.
In dem von Drescher et al. am MBI ausgeführten Experiment wurde die Photodissoziation von Iodmethan (CH?I) und Iodbenzol (C?H?I) mittels transienter XUV-Absorptionsspektroskopie untersucht (siehe Abb. 2). Diese beiden Moleküle unterscheiden sich durch den Bindungspartner des Iodatoms; in einem Falle ist dies eine Methylgruppe (CH?), im anderen Falle eine Phenylgruppe mit dem charakteristischen Kohlenstoffring (C?H?). Absorption eines UV-Femtosekundenpulses führt zum Brechen der Bindung zwischen dem Iod- und dem benachbarten Kohlenstoffatom und damit zur Erzeugung von atomarem Iod. Untersucht wurde dies durch Absorption an der N?,?-Kante des Iodatoms. In beiden Molekülen verschwinden die molekularen Kern-Valenzschalenübergänge bei UV-Absorption innerhalb der experimentellen Zeitauflösung. Die zum atomaren Iod hin konvergierenden Übergänge erscheinen unverzüglich im Falle von CH?I, jedoch zeitverzögert im Falle von C?H?I. Im Falle von CH?I wurde diese Beobachtung als die UV-Erzeugung einer Vakanz in der Valenzschale interpretiert, die in der Nähe des Iodatoms lokalisiert ist. Damit ergibt sich eine hohe Wahrscheinlichkeit für einen XUV-Übergang aus dem Kernzustand des Iodatoms. Das Experiment zeigt, wie die Valenzschale während der Dissoziation des Moleküls relaxiert. Dabei wird eine kontinuierliche Verschiebung der Übergangsenergie der zum atomaren Iod hin konvergierenden Übergänge gemessen. In Falle von C?H?I hingegen weist das zeitverzögerte Erscheinen der Absorptionsübergänge auf eine UV-erzeugte Vakanz hin, die ursprünglich innerhalb des Moleküls räumlich entfernt vom Iod-Reporteratom lokalisiert ist. Damit ist die Wahrscheinlichkeit für einen Kern-Valenzschalenübergang gering. Die Vakanz muss zuerst durch das Molekül wandern, bevor sie beobachtet werden kann. Dieses Verhalten ist der dominanten ? ? ?* UV-Anregung in Iodbenzol zuzuschreiben, eine Folge des charakteristischen delokalisierten Elektronensystems im Kohlenstoffring.
Während in der gerade veröffentlichten Arbeit die experimentellen Daten mittels eines einfachen Models erklärt wurden, ermöglicht das MBI mit seiner neu gegründeten Abteilung für Theorie einzigartige Möglichkeiten für gemeinsame experimentelle und theoretische Untersuchungen von transienter XUV-Absorptionsspektroskopie photochemischer Prozesse. Dabei wird auch eine neue theoretische Herangehensweise zum Einsatz kommen, die jüngst von Forscher und Forscherinnen des MBI in Kollaboration mit Kollegen und Kolleginnen in Kanada, dem Vereinten Königreich und der Schweiz entwickelt wurde.
Publikation: Journal of Chemical Physics Communication, 145, 011101 (2016) XUV transient absorption spectroscopy of iodomethane and iodobenzene photodissociation L. Drescher, M.C.E. Galbraith, G. Reitsma, J. Dura, N. Zhavoronov, S. Patchkovskii, M.J.J. Vrakking, and J. Mikosch http://dx.doi.org/10.1063/1.4955212
Kraftstoffadditive wie Isooktan werden bisher aus Erdöl hergestellt. Im Auftrag des französisch-deutschen Unternehmens Global Bioenergies stellt das Fraunhofer-Zentrum für Chemisch-Biotechnologische Prozesse CBP in Leuna in Kürze biobasierte Zusatzstoffe für Benzin her. Ausgangsstoff ist Bio-Isobuten, das biotechnisch aus Zucker gewonnen wird.
Um zu verhindern, dass sich das Benzin-Luftgemisch im Ottomotor frühzeitig selbst entzündet, setzt man dem Kraftstoff Additive zu, welche die Klopffestigkeit erhöhen. Zwei solcher Zusatzstoffe, Isooktan und ETBE (Ethyl-tert-butylether), will das französisch-deutsche Unternehmen Global Bioenergies in einem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekt nun erstmals aus rein erneuerbaren Rohstoffen herstellen. Das Fraunhofer-Zentrum für Chemisch-Biotechnologische Prozesse CBP in Leuna wird die Verfahren im Auftrag von Global Bioenergies mit der im CBP zur Verfügung stehenden Ausstattung entwickeln, validieren und in einen industriellen Maßstab übertragen.
Ausgangsstoff für die biobasierten Kraftstoffadditive ist biobasiertes Isobuten, ein Kohlenwasserstoff, aus dem auch Kunststoffe und Elastomere synthetisiert werden können. Ab Herbst 2016 wird es in einer vorindustriellen Pilotanlage hergestellt, die Global Bioenergies in den letzten Monaten am Fraunhofer CBP installiert hat. Die Anlage ist weltweit die erste, in der Isobuten in einem rein biotechnischen Verfahren aus Zuckern produziert werden soll, die ihrerseits aus verschiedenen nachwachsenden Rohstoffen wie landwirtschaftlicher Biomasse oder forstwirtschaftlichen Reststoffen gewonnen werden können. In einem 5000 Liter fassenden Fermenter wandeln Bakterien die Zucker zu dem begehrten gasförmigen Kohlenwasserstoff um. Â Chemische Umwandlung von Isobuten zu Isooktan
Die Synthese von Isooktan aus Isobuten wird in der chemischen Industrie zwar seit Jahren angewandt. »Nun ist die Herausforderung herauszufinden, wie sich die etablierten chemischen Verfahren auf den biobasierten Ausgangsstoff übertragen lassen«, erläutert Dr. Daniela Pufky-Heinrich, die das Projekt am Fraunhofer CBP leitet. »Über den pflanzlichen Rohstoff und das biotechnische Produktionsverfahren könnten beispielsweise Substanzen in das Produkt gelangen, die als Katalysatorgift wirken oder den Verbrennungsprozess im Motor stören«, so die Chemikerin. Deshalb ist es wichtig, alle einzelnen Verfahrensschritte im Hinblick auf einen wirtschaftlichen Gesamtprozess, vom Zucker über das biobasierte Isobuten bis zum Kraftstoffadditiv, auszulegen. »Das bedeutet, dass wir jeden einzelnen Parameter untersuchen und wenn nötig anpassen müssen, zum Beispiel unsere Reinigungsstrategie der Intermediate oder des Endprodukts«, sagt Pufky-Heinrich.
Den optimierten Gesamtprozess gilt es dann vom Labor-, über den Technikums- bis zum Pilotmaßstab zu skalieren. »Parallel werden wir Mustermengen im Maßstab von etwa 100 Kilogramm für Anwendungsuntersuchungen in der Automobil- und Kraftstoffindustrie bereitstellen«, so Pufky-Heinrich.
Auch für die chemische Herstellung von ETBE, das aus biobasiertem Isobuten und Ethanol synthetisiert wird, wollen die Fraunhofer-Forscher verschiedene Verfahrensansätze untersuchen. Dieser Benzinzusatzstoff wird zunächst aus Chargen der biotechnologischen Isobuten-Produktion aus der Pilotanlage von Global Bioenergies in Pomacle, Frankreich, hergestellt.
Für die chemische Umwandlung werden die am Fraunhofer CBP in der Gruppe Chemische Verfahren vorhandenen hydrothermalen Reaktoreinheiten, für die anschließende Aufreinigung die Anlagen zur thermischen Aufbereitung genutzt.
Physikern der Universität Basel ist es erstmals gelungen, mithilfe eines Rasterkraftmikroskops einem Silberkatalysator bei der Arbeit zuzusehen. Aus den Beobachtungen während einer sogenannten Ullmann-Reaktion können die Forscher deren Energieumsatz berechnen und die Katalyse damit möglicherweise optimieren. Die Studie, die mit Fachkollegen aus Japan und dem Iran entstand, wurde in der Wissenschaftszeitschrift «Small» veröffentlicht.
Die untersuchte Ullmann-Reaktion ist eine chemische Reaktion, bei der Silberatome die Bindung von zwei Kohlenstoffatomen katalysieren, an denen vorher Iod gebunden war. Obwohl diese Art der Reaktion schon seit 1901 bekannt ist und für zahlreiche wichtige chemische Umwandlungen angewendet wird, konnte das Zwischenprodukt dieser Reaktion bisher nicht genau beobachtet werden.
Dieses Zwischenprodukt haben nun Forscher um Prof. Ernst Meyer und Dr. Shigeki Kawai vom Swiss Nanoscience Institute und dem Departement Physik der Universität Basel mithilfe eines Rasterkraftmikroskops in atomarer Auflösung dargestellt. Überraschenderweise zeigte sich, dass die Silberatome schon bei Temperaturen von etwa –120 °C mit den Molekülen reagieren und gekrümmt wie eine Brücke über einen Fluss erscheinen. Im zweiten Schritt der Reaktion, der eine Temperaturerhöhung auf etwa 105 °C benötigt und zum Endprodukt führt, werden die Silberatome wieder frei und zwei Kohlenstoffatomen binden aneinander.
Energieberechnung möglich
Die Ullmann-Reaktion wird schon seit Langem für chemische Synthesen genutzt. In jüngster Zeit hat sich das Interesse an dieser Kopplung von Kohlenstoffatomen weiter verstärkt, da damit organische Moleküle an Oberflächen gebunden und lösungsmittelfrei Polymere hergestellt werden. Eine genaue Beobachtung der Arbeit des eingesetzten Katalysators lässt die Wissenschaftler den Ablauf der Reaktion besser verstehen.
Bisherige Analysen konnten die räumliche Anordnung des metallorganischen Zwischenprodukts nicht zeigen. Erst die jetzt erhaltenen detailgenauen Aufnahmen ermöglichten dem Projektpartner Prof. Stefan Goedecker vom Departement Physik der Universität Basel, den Energieumsatz der untersuchten Ullmann-Reaktion zu berechnen. Diese Daten bestätigten die ungewöhnliche räumliche Anordnung des Zwischenprodukts und liefern Hinweise zur Optimierung der Reaktion.
Relativ geringe Temperaturen
Es liegt wahrscheinlich an der beobachteten Krümmung bzw. Flexibilität der Moleküle, dass die Reaktion relativ geringe Temperaturen von 105 °C benötigt. Die Moleküle stehen unter mechanischer Spannung und können somit leichter reagieren, also bei geringeren Temperaturen. Wenn es gelänge, auch mit andern Katalysatoren solche unter Spannung stehende Zwischenprodukte zu erreichen, könnten katalytische Reaktionen auch bei tieferen Temperaturen möglich werden. Dies wäre ökologisch und ökonomisch sinnvoll, da klassische Katalysatoren mit Platin, Rhodium oder Palladium oft hohe Betriebstemperaturen von 500 °C benötigen – was zur Emission von Abgasen im kalten Zustand führt.
Die Forschungsarbeiten wurden im Rahmen einer Kooperation zwischen dem Departement Physik der Universität Basel, dem National Institute of Materials Science (Japan), der Japan Science and Technology Agency (Japan), der University of Tokyo (Japan) und der Shadid Beheshti University (Iran) durchgeführt.
Publikation: Shigeki Kawai, Ali Sadeghi, Toshihiro Okamoto, Chikahiko Mitsui, Rémy Pawlak, Tobias Meier, Jun Takeya, Stefan Goedecker and Ernst Meyer Organometallic Bonding in an Ullmann-Type On-Surface Chemical Reaction Studied by High-Resolution Atomic Force Microscopy Small (2016), DOI: 10.1002/smll.201601216